„Geschäftsideen besser sichtbar machen“
Inga Thomas vom Center Nachfolge und Gründung über Geschäftsideen, die in der Coronazeit geboren wurden, die Startup-Strategie der Bundesregierung und die nächste Runde des Gründerwettbewerbs Startup-Impuls.
Frau Thomas, wie wirken sich die Corona-Pandemie und die aktuelle wirtschaftliche Unsicherheit aufs Gründungsgeschehen in Hannover aus?
In den vergangenen zwei Jahren waren Gründer etwas zurückhaltender. Manche Geschäftsidee ist allerdings erst durch die Pandemie entstanden. So hat einer unserer Kunden seine Festanstellung aufgegeben, um ein Angebot für Online-Unterricht auf den Markt zu bringen.
Die Bundesregierung will Firmengründungen erleichtern und hat im Sommer ihre Startup-Strategie vorgestellt. Wo liegt bei Gründerinnen und Gründern derzeit der größte Bedarf?
Viele Startups haben eine tolle Idee, manchmal existiert jedoch noch nicht einmal ein Prototyp des Produkts. Es ist also noch zu früh für eine klassische Bankenfinanzierung, selbst wenn wir öffentliche Fördermittel einbinden. Hier gilt es Lücken zu füllen und Wege zu sogenanntem Seed Capital zu ebnen.
Welche Anlaufstellen empfehlen Sie Unternehmen in dieser Frühphase?
Wenn es um Beteiligungskapital geht, ist die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Niedersachsen ein guter Ansprechpartner. Die NBank bietet ebenfalls Unterstützung mit Programmen wie NSeed, das speziell auf Unternehmen ausgerichtet ist, die jünger als fünf Jahre sind. Auch die Wirtschaftsförderung stellt mit Invest-Impuls einen passenden Fördertopf bereit.
Kapital ist das eine, das andere sind Hilfen bei der Ausarbeitung des Geschäftsmodells. Welche Adressen empfehlen sie Gründern hier?
Zum einen die Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer. Zum anderen die Wirtschaftsförderung. Sie bietet neben finanziellen Hilfen unter anderem ein sogenanntes Accelerator-Programm in der Venture Villa, wo die Teilnehmer Arbeitsplätze finden, sich coachen lassen können und Zugang zu einem Netzwerk an Investoren erhalten.
Welche Unternehmen profitieren am meisten durch die Pläne der Bundesregierung?
Die konkreten Effekte muss man abwarten. Im Technologiebereich tut sich jedoch gerade sehr viel – gerade im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien. Da sehe ich eine ganze Reihe von Ideen, wie sich diese Entwicklungen für den Hausgebrauch nutzen lassen, zum Beispiel mit energiesparenden Elektroheizungen oder sehr leisen Windturbinen, die man in Wohnsiedlungen aufstellen kann.
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Förderprogrammen, doch der Durchblick fällt oft schwer. Hilft das geplante digitale Förderportal weiter?
Auf jeden Fall! Im Center Nachfolge und Gründung können wir zwar in vielen Fällen Orientierung schaffen, aber ein zentrales Portal wäre sinnvoll. Die meisten Gründer sind sehr online-affin und würden ein solches Angebot sicher gerne nutzen. Auf der Gründerplattform des Bundeswirtschaftsministeriums und der KfW werden bereits zahlreiche Finanzierungsmöglichkeiten gebündelt präsentiert.
Jungen Unternehmen fällt es oft schwer, ihren Beschäftigten branchenübliche Gehälter zu zahlen. Die Bundesregierung will dieses Problem angehen, indem sie Beteiligungen von Mitarbeitern erleichtert. Setzt das an der richtigen Stelle an?
Für manche Unternehmen mag das nützlich sein. Unsere Erfahrung zeigt, dass oftmals schon kleinere Anreize genügen, um Mitarbeiter an sich zu binden – etwa E-Bike-Leasing, Gesundheitskurse, kostenlose iPads oder eine Direktversicherung.
Wie könnten private Kapitalgeber motiviert werden, mehr Geld in junge Firmen zu stecken?
Was hilft, ist eine bessere Sichtbarkeit der Geschäftsideen und der Köpfe dahinter. Eine Bühne bieten Wettbewerbe wie Startup-Impuls, den die Sparkasse Hannover gemeinsam mit hannoverimpuls jetzt zum 20. Mal* durchführt. Innovative Gründungen aus der Region haben die Möglichkeit, durch ihre Teilnahme Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Die Bewerbungsphase hat gerade begonnen. Anfang kommenden Jahres stimmt eine Jury über die Einreichungen ab – und im Frühjahr findet die Preisverleihung statt.
* 2023 feiert die Sparkasse Hannover gleich ein doppeltes Jubiläum: ihr 200-jähriges Bestehen und die 20. Wettbewerbsrunde von Startup-Impuls
Interview: Christian Baulig
Foto: Franz Fender