Möbel mit Mehrwert
Selbstständig sein und Sinn stiften: Mit diesem Vorsatz gründete Knut Lischka die Tischlerei Foxters auf dem Gelände der Jugendhilfeeinrichtung Domiziel. Dort bearbeitet er Holz auf hochmodernen Maschinen – und zeigt zugleich jungen Leuten Perspektiven auf.
Es summt, brummt, tost. Ein mehrere Meter langer Schlauch zuckt mit den Bewegungen der großen Maschine und transportiert Staub und Holzspäne ab. Die nagelneue Anlage mit den Ausmaßen eines Kleinbusses kann mit ihren fünf Achsen ein Stück Holz in fast jede Form fräsen, die man sich vorstellen kann – bis hin zu einer perfekten Kugel. Die Maschine steht für das Faible von Knut Lischka: Digitalisierung. Die letzten Details werden gerade fertiggestellt. Steht alles, läuft hier eine fast automatisierte Fertigung. Aufträge planen, Maschinen einrichten, Schrauben und Scharniere bestellen – so gut wie alles wird künftig mit möglichst wenig menschlichem Zutun erfolgen. „Das verringert den Ausschuss, spart Zeit und ermöglicht es mir, mit weniger Fachkräften auszukommen“, sagt Lischka, der sein Unternehmen Foxters im Sommer 2022 gegründet hat.
In Dedenhausen, einem Ortsteil von Uetze, fertigt der 47-Jährige seither hochwertige Möbel und Inneneinrichtungen für Unternehmen und Privatleute. Und das in einer ungewöhnlichen Nachbarschaft: Lischkas moderne Tischlerei liegt auf dem Campus des Vereins Domiziel. Hier leben 16 Jungen, die einen schweren Start ins Leben hatten und von manchen „Systemsprenger“ genannt werden. Hier heißen sie einfach „Jungs“.
Mehr als ein einfaches Firmengrundstück
Beim Rundgang über den Campus mit Blick auf Äcker und Wälder zeigt Lischka, woran er in den eineinhalb Jahren vor seiner Firmengründung mitgearbeitet hat – als eine Mischung aus Bauleiter und Hausmeister, wie er das nennt: die Außenfassade aus Holz, das Nebengebäude, in das bald eine Bäckerei ziehen soll, die Installationen aus Holz als Sichtschutz im Innern, die mit raffinierter LED-Lichttechnik versehen sind. Im Café, das sich auch als Lobby eines Boutique-Hotels gut machen würde, trifft er Marc Breuer, Gründer und Geschäftsführer von Domiziel.
Breuer ist ein Gestalter. Die Tür zu seinem Büro gehörte früher zu einem Überseecontainer. Das fand er spannend, die Handwerker in seinem Umfeld mussten dann wie so oft schauen, wie sie die Ideen des Netzwerkers umsetzen konnten. Und machten es mit Spaß, so wie Lischka.
Die beiden Macher kennen sich schon seit vielen Jahren. Dass sie nun gemeinsam auf demselben Gelände arbeiten, ist eine glückliche Fügung. Der eine, Breuer, baute auf seinem Campus eine Halle, in der er gerne eine Tischlerei unterbringen wollte. Der andere, Lischka, verließ nach 16 Jahren seinen Arbeitgeber und suchte eine Aufgabe, in der es nicht nur um schöne und praktische Dinge geht, sondern auch darum, anderen zu helfen. Mit Foxters will er dieses Ziel verfolgen. „Dieser Ort ist ein Geschenk“, sagt Knut Lischka.
Mit Holz hat der Firmengründer schon lange zu tun. In Brandenburg, woher er stammt, hat er zu Beginn seiner Laufbahn einem Tischler beim Restaurieren von Kirchen geholfen und später in Celle die Schreinerlehre absolviert. Danach studierte er in Hildesheim Holzingenieurwesen.
Das Ziel: Hochmoderner Objektbau statt Vogelhäuschen.
Foxters versteht sich als selbständiges Wirtschaftsunternehmen, nicht als Sozialwerkstatt. Diese Differenzierung ist dem Gründer wichtig. Die Jungs von Domiziel integrieren sie hier gern – häufig kommen einige zum Mitarbeiten. Dabei lernen sie, wie es ist, wenn man sein Leben in die Hand nimmt, gestaltet, Probleme im Team löst, Menschen Freude bringt durch die eigene Arbeit.
Lischka ist Unternehmer, kein Pädagoge. Er lässt sich keine Details aus der schweren Kindheit der Bewohner erzählen, will lieber auf ihre Interessen und Stärken sehen – auf die scheinbaren Schwächen wurden die Kinder schließlich oft genug reduziert, findet Lischka. Und er will sie fordern: „Wir bauen mit denen nicht bloß Vogelhäuser“, sagt er beim Rundgang durch die Tischlerei.
Die Sparkasse Hannover unterstützt die Gründung mit einem Kredit.
„Das innovative Unternehmenskonzept hat uns gleich begeistert“, sagt Firmenkundenberaterin Andrea Block (links im Bild), die Knut Lischka seit der Gründung gemeinsam mit Stefanie Jakubka aus dem GründungsCenter betreut. Diese hat die Gespräche vom Businessplan bis zum passgenauen Gründungskredit von der Sparkasse Hannover geführt und somit Foxters zum Leben erweckt. Lischka hebe sich ab von Mitbewerbern, sei mit dem hohen Automatisierungsgrad besser auf den Fachkräftemangel vorbereitet als andere. Besonders wertvoll sei der soziale Charakter des Unternehmens. „Dieses Miteinander ist eine Win-Win-Situation für alle“, sagt Andrea Block.
So profitiert Lischka vom großen Netzwerk des Campus Domiziel. Förderer aus ganz Deutschland sind eben auch potenzielle Kunden, die die Qualität schätzen und die besondere Geschichte hinter den Möbeln spannend finden. Eine Besonderheit: Wer die Arbeit von Domiziel unterstützt, kommt schneller an Lischkas Handwerker-Leistungen.
Zwei Mitarbeiter beschäftigt Lischka momentan. Die Fläche der Tischlerei will er verdoppeln, weniger als zwei Jahre setzt er dafür an. Wachsen, in Richtung Mittelstand, das ist das Ziel. Und die Jungs von nebenan dürfen mitwachsen.
Text: Gerd Schild
Fotos: Helge Krückeberg; Catharina Dobin