Alles glatt gelaufen

Kategorie: Best Practice

Alles glatt gelaufen

Das Eisstadion am Pferdeturm ist in Hannover eine Institution. Doch die Spielstätte der Indians war energetisch in die Jahre gekommen. Ein Kredit der Sparkasse Hannover ermöglichte den Einbau moderner Kühltechnik, die den Energieverbrauch um fast ein Drittel senkt – und einen klimaneutralen Betrieb ermöglicht.

Der Schreck sitzt Kristina Mittrop-Griebler noch in den Gliedern. Die Unternehmerin steht unter dem Kuppeldach des Eisstadions am Pferdeturm. An diesem Vormittag Anfang August ist die Anlage noch geschlossen, im Hintergrund arbeiten Handwerker. Die 56-Jährige erzählt, wie es ein paar Tage zuvor plötzlich knallte. „Ich dachte, da schießt jemand“, erinnert sie sich. Die Ursache war allerdings harmlos: Bei der Dichtigkeitsprüfung der neuen Kühlanlage hatte sich ein Verbindungsstück gelöst – ein Problem, das schnell behoben werden konnte. 

Zum Glück, denn der Zeitplan für die Sanierung ist eng. Mittlerweile sind alle Arbeiten beendet. An diesem Wochenende findet im Stadion das erste Training des Eishockey-Oberligisten Hannover Indians statt, der hier in Kleefeld seine Heimstätte hat, am 1. September wird das erste Spiel angepfiffen. Schon einen Tag früher öffnet die Eisdisco für die Öffentlichkeit. Für glattes Eis sorgt modernste Technik – Kostenpunkt: rund 950.000 Euro. Eine enorme Summe für die Betreiberfirma KMG-Network. 

Ob das Eisstadion in dieser Saison überhaupt öffnet, stand noch im Winter auf der Kippe. „Die alte Kühlanlage war marode“, sagt Mittrop-Griebler, die von September bis Ende März fast täglich vor Ort ist. Die Technik des 1959 eröffneten Stadions war in die Jahre gekommen. Die Leitungen unter der Betonfläche, die mittels einer Glykol-Lösung auf minus zwölf Grad gekühlt wurde, um darauf eine Eisschicht zu erzeugen, stammen aus dem Baujahr. 

v. l.: Die stellvertretende Geschäftsführerin der KMG-Network GmbH, Kristina Mittrop-Griebler, mit Firmenkundenberater Manuel Ruhkopf von der Sparkasse Hannover

Ziel lautet: Klimaneutralität

Die zuletzt eingesetzten Kühlaggregate, sogenannte Ammoniak-Verflüssiger, waren zwar deutlich jünger, aber störanfällig. Und sie verbrauchten viel Energie: Rund 600.000 Kilowattstunden Strom benötigte das Eisstadion Jahr für Jahr allein, um die Eisfläche nutzbar zu halten – so viel wie 50 Vier-Personen-Haushalte. Mit der neuen Technik soll der Verbrauch um 30 Prozent sinken. Fürs Eismachen und -erhalten wird ausschließlich Ökostrom eingesetzt. „Die Stadt Hannover will bis 2035 möglichst klimaneutral werden, und wir leisten unseren Beitrag dazu“, sagt Mittrop-Griebler. 

Seit 2014 investiert die Familie über ihre Firma KMG-Network in den Erhalt der traditionsreichen Sportstätte:
Waschräume wurden erneuert, eine moderne LED-Lichtanlage installiert, ein neues Trafohäuschen gebaut und das Dach saniert. Gut eine Million Euro kamen so zusammen. Das jüngste Umbauvorhaben drohte jedoch fast zu scheitern. Die Banken, mit denen das Unternehmen seit Jahren zusammenarbeitet, lehnten die Vermittlung eines KfW-Förderkredits ab. 

Kreditzusage in zwei Wochen

Eine Lösung fand sich Anfang dieses Jahres gemeinsam mit der Sparkasse Hannover. Firmenkundenberater Manuel Ruhkopf verknüpfte einen klassischen Investitionskredit mit einem Zuschuss des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), sodass die Konditionen denen eines KfW-Kredits nahekommen. „Wir fanden das Vorhaben der Grieblers so überzeugend, dass wir uns besonders ins Zeug gelegt haben“, sagt Ruhkopf, der selbst schon öfter im Stadion am Pferdeturm war. „Als regionales Kreditinstitut ist es uns wichtig, solche nachhaltigen Projekte zu unterstützen.“

Auf eine schnelle Prüfung kam es ganz besonders an: Um die Arbeiten in der Sommerpause zu erledigen, mussten die Aufträge bis Ende Februar rausgehen. Zwischen erstem Kundenkontakt und der Kreditzusage vergingen nur zwei Wochen. „Ohne die Sparkasse hätte es keine Saison 23/24 gegeben“, sagt Mittrop-Griebler.

Die neue Technik ist für die Besucher weitgehend unsichtbar. Eine Spezialfirma hat auf dem bestehenden Beton Kunststoffmatten mit eingelassenen Röhren ausgelegt, die die Fläche kühlen. Musste die Anlage bislang eine Woche laufen, bevor die Eismacher des Stadions darauf Wasser verteilen konnten, reichen jetzt zwei Stunden Vorlauf, erklärt die Unternehmerin. 

Kühlung mit Luft und Wasser

Der Clou der Anlage versteckt sich hinter der Halle auf dem Dach eines Nebengebäudes. Dort sorgt ein effizienter Adiabatik-Verflüssiger dafür, die 13.000 Liter Glykol im System auf der erforderlichen Temperatur zu halten. In der containergroßen Anlage wird Wasser in einem Luftstrom verdampft. Die erforderliche Energie wird der Luft in Form von Wärme entzogen. Die dabei entstehende Kälte wird zur Eisproduktion genutzt, die Wärme beheizt unter anderem die Grube, in die die Eisbearbeitungsmaschinen in den Pausen das abgeschabte Eis abkippen. Das Tauwasser wird zur Aufbereitung der Fläche wiederverwendet. Auf den unterstützenden Einsatz der Gasheizung kann künftig verzichtet werden. Besonders wichtig für die Betreiber: Die neue Anlage produziert auch bei höheren Außentemperaturen verlässlich Eis. „Angesichts des Klimawandels ist das ein enormer Vorteil“, sagt Mittrop-Griebler.

Die augenfälligste Änderung in der Halle ist das kleinere Spielfeld mit der niedrigeren Bande und den Plexiglasscheiben. „Das verringert die Gefahr von Verletzungen bei den Spielern“, erklärt die Chefin. Mit 26 mal 56 Metern ist die Fläche etwa ein Sechstel kleiner als bisher – was den Energieverbrauch ebenfalls senken hilft. Die Maße entsprechen nun dem amerikanischen NFL-Standard. „Sportler und Freizeitläufer werden sich schnell an die neuen Dimensionen gewöhnen“, meint Mittrop-Griebler, die der Wiedereröffnung seit Wochen entgegenfiebert. „Wenn die Saison läuft, bin ich in meinem Element.“ 

Text: Christian Baulig
Foto: Helge Krückeberg