„Zinsen sind nicht alles.“
Vermögens- und Vorsorgemanagerin Stefanie Beckmann über die Zukunft der Zinsen – und kluge Strategien, mit denen Unternehmen überschüssige Liquidität vermehren können.
Die Zinsen sind zurück. Aber wie lange bleiben sie noch? Bereiten Sie Ihre Kundinnen und Kunden schon darauf vor, dass die EZB womöglich bald wieder ihre Sätze senkt – mit entsprechenden Folgen für die Geldanlage?
Stefanie Beckmann: Definitiv. Schon im letzten Jahr lagen die Zinsen im längerfristigen Bereich unter denen im kurzfristigen. Wir befinden uns in einer „inversen Zinsstruktur“. Die Marktprognosen und Gegebenheiten deuten auf eine bevorstehende Lockerung der Geldpolitik durch die Notenbanken hin.
Wie schnell könnte das gehen? Die Inflation in Deutschland ist ja zuletzt stark zurückgegangen.
Ob es in vier Wochen dazu kommt oder in vier Monaten, ist ungewiss. Die Marktmeinung lautet aber: Die Senkungen werden kommen. Wer sich entscheidet, jetzt Geld anzulegen, sollte also das aktuelle Zinsniveau nutzen.
Indem er rasch Sparbriefe oder Anleihen kauft, um sich die derzeitigen Konditionen zu sichern?
Was sinnvoll ist, hängt von der jeweiligen individuellen Situation ab. Deshalb ist ein Gespräch mit unseren Kundinnen und Kunden zu diesem Thema so wichtig. In jedem Fall ist es sinnvoll, das Kapital auf verschiedene Laufzeitbereiche und verschiedene Anlageklassen zu verteilen. Wir erarbeiten gemeinsam mit den Kundinnen und Kunden eine Strategie, die neben Rendite auch Flexibilität bietet. Manche Firma benötigt zu einem bestimmten Zeitpunkt Kapital für Projekte – der Großteil der Mittel muss also liquide sein. Hier kommt eventuell Tagesgeld infrage, das aktuell mit 1,6 Prozent verzinst wird, oder Kündigungsgeld, das 2,1 Prozent bringt und binnen 35 Tagen flüssig gemacht werden kann.
Und was bietet sich für den Teil der Rücklagen an, der länger entbehrlich ist?
Wird Geld in den nächsten ein bis drei Jahren nicht benötigt, sprechen wir über Zinsanlagen wie Anleihen und Sparbriefe.
Also Produkte mit einer bestimmten Laufzeit und feststehenden Zinszahlungen.
Genau. Anleihen bieten dabei neben dem fixen Zinskupon eine gewisse Flexibilität: Benötigt man das Kapital während der Laufzeit, lässt sich die Anleihe üblicherweise zum dann aktuellen Kurs verkaufen. Bei einem Anlagehorizont jenseits von drei Jahren sprechen wir auch über Fonds und Aktien. Zinsen sind nicht alles. Man muss bedenken: Obwohl sie zuletzt gestiegen sind, gleichen sie nicht die Inflation aus. Deshalb sollte jedes Portfolio einen gewissen Renditeanteil enthalten.
Wie ermitteln Sie die optimale Aufteilung?
Zunächst erstellen wir gemeinsam mit der Kundin oder dem Kunden ein Risikoprofil. Daraus ergibt sich, welcher Aktienanteil angemessen ist. Oft stellt sich im Gespräch heraus, dass ein Teil des Kapitals gar nicht für die Finanzierung bevorstehender Aufträge benötigt wird.
Wozu raten Sie Firmen, die die Chancen am Kapitalmarkt nutzen, aber zugleich keine größeren Risiken eingehen möchten?
Zum Beispiel zu speziellen Anleihen, die sich an der Entwicklung des Aktienmarkts orientieren – etwa am globalen Index MSCI World – und zugleich eine Kapitalgarantie bieten. Damit partizipiert man an der Entwicklung der Börsen und hat zugleich eine Art Airbag. Mit Kundinnen und Kunden, die über mehr Erfahrung verfügen, sprechen wir auch über Zertifikate mit unterschiedlichen Sicherheitspuffern.
Ab welcher Summe lohnt es sich, über eine Kapitalanlage fürs Unternehmen nachzudenken?
Schon mit 5.000 Euro, die jenseits einer Notreserve übrig sind, kann eine Anlage sinnvoll sein. Zudem bietet sich die Möglichkeit, im Rahmen eines Sparplans monatliche Beträge in einen oder mehrere Fonds zu investieren. So bildet sich mit der Zeit ein attraktiver Kapitalstock.
Interview: Christian Baulig
Foto: Franz Fender