Factoring oder Kreditversicherung?

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v. l.: Jochen Asmussen ist Vertriebsdirektor Corporate Finance, Raimund Dinglinger Fachberater Leasing und Factoring bei der Sparkasse Hannover

Immer mehr Firmenkunden zahlen nur zögerlich. Die Corporate-Finance-Experten Jochen Asmussen und Raimund Dinglinger erklären im Interview, wie sich Lieferanten vor Forderungsausfällen schützen können und liquide bleiben

Herr Asmussen, Kreditgeber und Lieferanten räumten Geschäftskunden zuletzt ein Zahlungsziel von durchschnittlich 32 Tagen ein. Vor einem Jahr waren es noch zwei Tage weniger. Was bedeutet das für Gläubiger?

Jochen Asmussen: Je länger das Zahlungsziel, desto stärker wird die Liquidität des Lieferanten belastet. In manchen Fällen kann das ein Unternehmen in ernste Schwierigkeiten bringen.

Zugleich stieg in den vergangenen Monaten infolge der schwachen Konjunktur, hoher Inflationsraten und schwer kalkulierbarer Energiepreise die Zahl der Zahlungsausfälle. Wie sollten Unternehmen darauf reagieren, Herr Dinglinger?

Raimund Dinglinger: Geht es vor allem um die Absicherung von Zahlungsausfällen, kann eine Warenkreditversicherung helfen: Sie sichert Lieferanten für den Fall ab, dass ein Firmenkunde Waren oder Dienstleistungen nicht bezahlt. Fällt die Forderung aus – etwa, weil der Kunde insolvent geworden ist –, ersetzt die Versicherung die ausstehende Summe abzüglich eines vereinbarten Selbstbehalts. Bereits im Vorfeld prüft der Versicherer die Bonität der Debitoren, sodass der Lieferant das Ausfallrisiko besser einschätzen kann.

Und wenn die Liquidität im Vordergrund steht?

Dinglinger: Dann sollte man vorrangig über Factoring nachdenken. Dabei verkauft der Lieferant seine Forderung an die Factoring-Gesellschaft. Die zahlt den anteiligen Betrag der Brutto-Rechnungssumme sofort aus, den Rest, sobald der Kunde bezahlt hat.

Asmussen: Der Lieferant verbessert auf diese Weise nicht nur seine Liquidität, sondern muss sich auch nicht mehr – sofern er einen vollumfänglichen Factoring-Vertrag abgeschlossen hat – um Zahlungserinnerungen und Mahnungen kümmern. Und die Sicherheit, das geforderte Geld auch wirklich zu erhalten, gibt es on top. Factoring kann also ein komplettes Paket abbilden.

Liquidität könnte auch ein Kontokorrentkredit liefern.

Asmussen: Stimmt, aber eine mögliche Absicherung des Lieferanten vor Ausfällen seiner Kunden und ein mögliches Debitorenmanagement ist hier nicht gegeben. Zudem könnte das Kreditkontingent des Lieferanten bei seiner Sparkasse ausgeschöpft sein. Und selbst wenn das Geschäft eines Unternehmens einmal nicht so gut läuft, kann es problemlos Factoring in Anspruch nehmen – sofern seine Kunden eine ordentliche Bonität haben. Das schafft finanziellen Spielraum.

Was kostet Unternehmen dieser Spielraum?
Dinglinger: Das hängt von einer Menge Faktoren ab, zum Beispiel dem Rechnungsvolumen, der Bonität der Kunden oder dem aktuellen Zinsniveau. Unterm Strich sind die Factoring-Gebühren allerdings in den vergangenen Jahren stark gesunken, vor allem, weil zahlreiche Abläufe im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Rechnungen digitalisiert wurden. Das macht diese Lösung für viele Unternehmen attraktiv.

Für wen kommt Factoring denn infrage?

Asmussen: Im Prinzip für alle, die sich mit größeren Außenständen konfrontiert sehen, sei es durch starkes Umsatzwachstum oder auch durch geänderte Zahlungsziele. Das jährliche Rechnungsvolumen sollte jedoch 100.000 Euro nicht unterschreiten. Unsere Expertinnen und Experten beraten Unternehmen individuell, welche Lösung für sie am besten geeignet ist, und leiten sie weiter an unsere Partner bei der Deutschen Factoring Bank oder bei MODULAT FACTORING, die sich um die Abwicklung kümmern.

Wird mit einem Anziehen der Konjunktur das Interesse am Factoring wieder nachlassen?

Dinglinger: Das glaube ich nicht. Kunden, die einmal Factoring genutzt haben, bleiben in der Regel dabei.

Interview: Christian Baulig
Foto: Helge Krückeberg