Gemeinsam unterwegs

v.l.n.r.: Eike Tongers (geschäftsführender Gesellschafter), Aris Diamantidis (Management und Vertrieb), Lukas Gohmert (Firmenkundenberater der Sparkasse Hannover)

Weil ihnen der passende Tourbus fehlte, griffen zwei Musiker selbst zum Werkzeug und bauten sich einen. Aus dem Unikat wurde das Unternehmen: EVS ist heute ein Spezialist für Um- und Ausbauten von Fahrzeugen. Das Wachstum des Unternehmens aus Hannover-Linden finanziert die Sparkasse Hannover.

Manchmal muss man es einfach selbst machen. Es ist Mitte der Nullerjahre, Eike Tongers sieht mit der Band „Wisecräcker“ fast die ganze Welt, Aris Diamantidis ist mit „Never Promise“ viel unterwegs. Doch die Tourbusse nerven die beiden: Entweder haben sie Sitze oder Stauraum, selten beides. „Es gab nichts für Bands mit ihren Instrumenten und ihrem Equipment“, erinnert sich Diamantidis. Also kauft der Hobbyhandwerker einen Mercedes Sprinter und baut ihn eigenhändig in der Werkstatt eines Bekannten um. Kumpel Eike Tongers ist einer der frühen Kunden und mietet regelmäßig den Tourbus beim damaligen Einzelunternehmer Diamantidis an. Sie verstehen sich gut, und Tongers steigt 2007, zwei Jahre nach der Gründung, als Geschäftspartner ein.

20 Jahre später führen Diamantidis und Tongers durch ihr Unternehmen im Industriegebiet neben dem Lindener Berg. Dutzende Vans stehen hier, dicht an dicht geparkt. Diamantidis ist Gesellschafter der European Van Service GmbH, Tongers geschäftsführender Gesellschafter. Sie sind zu nachgefragten Spezialisten für den Umbau und die Vermietung von Nutzfahrzeugen geworden. Ende der Nuller-Jahre waren auch Größen wie Herbert Grönemeyer oder Helene Fischer mit maßgeschneiderten Tourbussen aus Hannover unterwegs. Doch die Vermietung ist mittlerweile eher Liebhaberei, wie es Diamantidis nennt. Den Schwerpunkt bildet heute, mit dem Geschäftsbereich EVS Deutschland, die Arbeit für Kunden wie dem Deutschen Roten Kreuz oder den Johannitern, für die man Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller umbaut. Im Geschäftsbereich Individual rüstet das Unternehmen Autos für Privatkunden so um, dass diese auch im Alter oder mit Rolli gut unterwegs sein können. Darüber hinaus vertreibt EVS Spezial-Fahrräder für Menschen mit Mobilitätseinschränkung. Über den B2B-Geschäftsbereich Modes schließlich verkauft und wartet das Team nicht nur Lastenräder für Gewerbe und Handwerk. Stark nachgefragt ist auch die Speziallogistik: europaweite verpackungslose Transporte und Auslieferungen für alle großen Lastenradhersteller in Deutschland und Europa.

Neues Geschäftsfeld

Die Coronazeit drückte eine Delle ins Wachstum. Die Welt ging auf Abstand, Tourneen wurden abgesagt. Aber auch Schulen und Einrichtungen wurden geschlossen, dadurch brauchten Fahrdienste weniger Fahrzeuge und stoppten Aufträge. Also fanden Tongers und Diamantidis ein neues Geschäftsfeld und wurden zum Vertragspartner für den Ausbau von Würth-Handwerksfahrzeugen.

Im vergangenen Jahr wuchs das Team um mehr als zehn Mitarbeitende auf über 40, der Umsatz wird in diesem Jahr deutlich auf mehr als 6,5 Millionen Euro steigen, rund 1.000 Fahrzeuge werden sie dann in den Fahrzeughallen an der Badenstedter Straße umgerüstet haben. Einsatz, Know-how, Kunden, Aufträge – eigentlich ist alles da. Nur die Zusammenarbeit mit ihrer damaligen Hausbank ließ die beiden Unternehmer unzufrieden zurück. Sie wünschten sich mehr Unterstützung, mehr Offenheit für neue Projekte und mehr Kapital für das Wachstum, das nach der Pandemie weiterging. „Uns fehlte das Gefühl: Die verstehen, was wir vorhaben“, sagt der Gesellschafter.

Also luden Tongers und Diamantidis im Sommer 2023 mehrere Banken zu Gesprächen ein. Lukas Gohmert, Berater der Sparkasse Hannover, überzeugte das Duo. „Er hat gleich beim ersten Termin erkannt, wie das Unternehmen funktioniert und was uns fehlt“, erinnert sich Diamantidis. Gohmert handelt schnell, vernetzt die Unternehmen mit der Wirtschaftsförderung, räumt unbürokratisch eine Kontokorrent-Kreditlinie über 100.000 Euro ein und stellt 150.000 Euro für eine Auftragsfinanzierung bereit – denn Mercedes-Benz hatte gerade einige Vans zum Umbau auf den Weg nach Linden gebracht. „Die beiden brauchten Raum, um nicht nur zu wachsen, sondern sich gut zu entwickeln“, sagt der Sparkassen-Berater.

Auf Partnersuche

Mit dem frischen Geld konnte das Unternehmen bei Zulieferern fortan größere Stückzahlen bestellen und sich so bessere Einkaufskonditionen sichern. Berater Gohmert sieht viel Potenzial im Unternehmen. „EVS besitzt Know-how, das über die Landesgrenzen hinweg gefragt ist. Die Firma hat einen Wachstumsmarkt besetzt in einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden“, sagt Gohmert. „Außerdem zeigt das Team ganz besonderen Einsatz.“ Für Firmenchef Tongers bedeutet seine Arbeit mehr als bloß Autos auszubauen und zu verkaufen: „Wenn etwa ein Kunde nach einem Schlaganfall durch unsere Umbauten wieder mobil wird, spornt uns das alle an.“ Das Ziel lautet jetzt: Partner ins Boot holen und im Kerngeschäft weiter wachsen – mit der Sparkasse an der Seite: Mit ihr habe man eine Bank gefunden, mit der das Unternehmen so wachsen könne, wie es das Potenzial ermögliche. „Wir fühlen uns bereit für die nächsten Schritte“, sagt Diamantidis.

Bloß für die Musik bleibt den Unternehmern wenig Zeit. Aris Diamantidis ist schon bei der Firmengründung 2005 bei der mittlerweile aufgelösten Band „Never Promise“ ausgestiegen. Die „Wisecräcker“ müssen seit 2011 ohne ihren Gitarristen Tongers auskommen. Aber wenigstens haben sie einen coolen Tourbus.

Text: Gerd Schild
Fotos: Helge Krückeberg