Leichter getan als gesagt
Carbonteile aus Hannover lassen Lufttaxis fliegen und machen Bauwerke nachhaltig. Jetzt will Ingenieur Marcel Zeisberg mit Kunststoffprodukten aus Deutschlands größtem 3D-Drucker weitere Märkte erobern. Unterstützt wird er dabei von der Sparkasse Hannover.

Wer aus dem Hainhölzer Naturbad kommt, würde hinter dem Wohnhaus gegenüber wohl kein Hightech-Unternehmen vermuten. Doch hier im großen Innenhof des Gebäudes, in einer Halle aus den 1960er-Jahren mit grünen Stahlträgern, tüftelt und produziert Ingenieur Marcel Zeisberg mit einem zehnköpfigen Team. „Hier härten wir“, sagt Zeisberg und zeigt auf den Autoklaven. Das Gerät, das wie eine langgezogene Waschmaschine aussieht lässt unter Hochdruck und Hitze Carbonteile entstehen. Zeisberg ist ein weltweit geschätzter Experte für Bauteile aus diesem sehr leichten und dennoch extrem stabilen Verbundstoff. Sein Unternehmen Zeisberg Carbon beliefert damit den Autorennsport ebenso wie Medizinhersteller oder Flugzeugbauer. Meist geht es dabei um Auftragsarbeiten, Entwicklungsprojekte und Kleinserien. Seine Expertise ist auch bei Prototypen gefragt. Jetzt will der Unternehmer die Baubranche nachhaltiger machen.

Marcel Zeisberg, Geschäftsführer bei Zeisberg Carbon (rechts) mit Carsten Mönnecke, Gewerbekundenberater der Sparkasse Hannover
Von ihm konzipierte und produzierte Carbonstäbe sollen beim Hausbau Stahlmatten im Beton ersetzen. Weil das Material stabiler ist als Stahl, kann bis zu 30 Prozent Zement eingespart werden – und damit eine gewaltige Menge CO2. Außerdem kommt es nicht mehr zu Korrosion. Wenn Betonteile nicht rosten, halten sie länger – noch ein Vorteil in Sachen Nachhaltigkeit. „Mich beeindruckt, wie breit Herr Zeisberg sein Unternehmen aufstellt“, sagt Berater Carsten Mönnecke vom FirmenkundenCenter der Sparkasse Hannover, das den Unternehmer seit sieben Jahren betreut.
Von Flugtaxiteilen bis zu einem Longboard
Zeisberg mangelt es nicht an Ideen: „Ich bin immer neugierig, will in immer neuen Branchen agieren“, sagt der 35-Jährige. Gerade hat das Team von Zeisberg Carbon ein sehr leichtes Longboard aus Carbon entwickelt, das Skatern bald über eine eigene Website angeboten werden soll. Zeisberg sieht das als Werbung für sein Unternehmen – hält das Segment aber auch für wirtschaftlich interessant. Mit den neuen Produkten soll das Unternehmen weiter wachsen. „100 Mitarbeiter finde ich eine schöne Größe“, so umschreibt Zeisberg die mittelfristigen Ziele.
Die ersten Aufträge nach der Gründung kamen vornehmlich aus Zeisbergs Netzwerk im Motorsport. Dann folgten immer mehr Anfragen aus anderen Branchen. Es sprach sich herum, dass der Carbon-Experte mit seinem Team schnell und innovativ arbeitet.
Zeisberg arbeitet nicht nur mit Carbon. Gerade hat er einen riesigen 3D-Drucker in seiner Halle aufgebaut. „Das ist Deutschlands größter Drucker dieser Art“, sagt der Unternehmer. Auf einer sechs mal zwei Meter großen Platte, gesichert durch einen Metallzaun, macht die Maschine das, was man von 3D-Druckern für den Hausgebrauch kennt: Schicht für Schicht und millimetergenau Teile etwa aus Kunststoff aufbauen. Das ermöglicht eine schnelle, perfekte Einzelteilfertigung ohne Abfall.
Um solche Innovationen umsetzen zu können, braucht es einen verlässlichen Partner. Die Sparkasse Hannover unterstützte schon die Firmengründung 2018 mit einem Kontokorrent-Kredit von 100.000 Euro. Ende 2024 folgte ein Kredit über 70.000 Euro für den 3D-Drucker. „Wir glauben an dieses innovative Unternehmen“, sagt Sparkassen-Berater Mönnecke.
Startkapital vom Ex-VW-Vorstandschef
Talent, moderne Technik zu entwickeln und ein Team zu führen, zeigte Marcel Zeisberg schon beim Maschinenbaustudium in Zwickau. Bei einem Studentenwettbewerb baute er mit einer Mannschaft aus 60 Kommilitonen einen vollelektrischen Allrad-Rennwagen und führte das Team so auf Platz eins in Deutschland. Der frühere VW-Vorstandsvorsitzende Carl Hahn, der 2023 verstorben ist, hörte von Zeisbergs Talent, als er in Zwickau als Honorarprofessor lehrte. Zeisberg schrieb seine Diplomarbeit beim damals hocherfolgreichen Rallye-Team von Volkswagen. Der später von ihm initiierte Volkswagen ID.R hält bis heute den Rekord beim Pikes-Peak-Bergrennen in den Rocky Mountains.
Das Rallye-Engagement des VW Motorsport-Teams wurde eingestellt und Zeisberg baute ein neues Projekt auf. Startup-Gründer brauchen nicht nur innovative Ideen und einen Plan, wie man damit Geld verdienen kann. Zur Gründung gehört auch Mut. Den bewies Zeisberg. „Ich habe Professor Hahn von meinem Plan erzählt und ihn gefragt, ob er mich privat unterstützen könne“, erzählt Zeisberg. Die Manager-Legende stimmte am selben Tag zu. Das war der Startschuss für die Unternehmensgründung.
Für den neuen 3D-Drucker sind die ersten Einsätze schon geplant. Marcel Zeisberg will mit seinem Team ein mehr als fünf Meter langes Boot aus recyceltem Kunststoff drucken, das für Angler oder Hobbykapitäne spannend sein könnte. „Ich sehe da einen großen Markt“, sagt der Unternehmer. Der Roboter, der die Druckdüsen bewegt, wird also ordentlich in Bewegung sein. Von Werk aus ist der Apparat orange – Zeisberg hat ihn umlackiert, er glänzt nun in Sparkassen-Rot. „Die haben ihn schließlich bezahlt“, sagt der Unternehmer und lacht.
Text: Gerd Schild
Fotos: Helge Krückeberg