„Nichtstun kostet dem Sparer Geld“

Anja Schlittke

Anja Schlittke

Viele Deutsche setzen beim Sparen vor allem auf Tagesgeld und Sparbuch. Warum das auf lange Sicht keine gute Idee ist, erklärt Anja Schlittke, Anlagespezialistin bei der Sparkasse Hannover. Das Interview erschien zuerst in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 8. November 2019.

Frau Schlittke, das Zinstief hält nun schon mehrere Jahre an. Wann können die Sparer wieder mit steigenden Zinsen rechnen?
Das wird leider noch eine ganze Weile dauern. Erst vor wenigen Wochen hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Aussicht auf eine Zinserhöhung weit in die Zukunft geschoben und noch einmal den Strafzins für Banken erhöht, die ihr Geld bei der EZB parken. Die Volkswirte der Deka, dem Wertpapierhaus der Sparkassen, rechnen damit, dass es bis mindestens 2025 keine positiven Zinsen geben wird.

Viele Sparer denken sich: Augen zu und durch. Irgendwann werden die Zinsen wieder steigen und solange ist das Geld auf meinem Sparbuch sicher. Haben sie damit nicht Recht?
Auf den ersten Blick wird das Geld auf dem Sparbuch natürlich nicht weniger. Dadurch wiegen sich viele Menschen in Sicherheit. Aber das täuscht. Die Deka hat jüngst berechnet, dass jeder Niedersachse jährlich 405 Euro an Kaufkraft verliert. Rechnet man das auf die nächsten fünf Niedrigzins-Jahre hoch, sind das für jeden um die 2.000 Euro. Zur Erklärung: Ein Kaufkraftverlust entsteht bei Einlagen immer dann, wenn die allgemeine Preissteigerungsrate höher ist als die Verzinsung der Einlagen. Die allgemeine Preissteigerungsrate liegt derzeit bei rund 1,5 Prozent, die Verzinsung für Einlagen hingegen nahe null Prozent.

Was können Sparer tun, um dem Kaufkraftverlust zu entgehen?
Das Wichtigste ist, dass sie offen für neue Anlagemöglichkeiten sind und aktiv werden. Denn wie die Rechnung der Deka zeigt, kostet Nichtstun Geld. Am besten vereinbart der Kunde ein persönliches Gespräch mit seinem Sparkassenberater. Die Beratung hilft dabei, die aktuellen Lebensumstände, Ziele und Wünsche sowie die individuelle Risikobereitschaft in die Wahl der Geldanlage einfließen zu lassen. Dadurch kann ein finanzielles Polster für künftige Ausgaben aufgebaut werden. Auch die Altersvorsorge ist ein wichtiges Thema, denn hier sprechen wir nicht nur über eine Anlagestrategie für fünf Jahre, sondern mehrere Jahrzehnte.

Für welche Anlagemöglichkeiten sollten Sparer offen sein?
Sinnvoll im derzeitigen Zinsumfeld ist ein höherer Anteil von Wertpapieren, denn Anleihen und Aktien können positive Renditen über der Inflationsrate erwirtschaften. Dadurch kann man dem Kaufkraftverlust entgegenwirken – das allerdings nur über mehrere Jahre hinweg und unter Schwankungen. Über das Verlustrisiko müssen sich Anleger bewusst sein.

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