Plötzlich Chef

Kategorie: Best Practice

Plötzlich Chef

Das Unternehmen der Eltern zu übernehmen ist ein großer Schritt für junge Menschen. Tim Strecker hätte sich mehr Vorbereitungszeit gewünscht, als er von heute auf morgen Geschäftsführer des väterlichen Elektrobetriebs wurde. Mit Unterstützung der Sparkasse Hannover hat er die Herausforderung jedoch gemeistert.

 

Von einem auf den anderen Tag an die Spitze des Unternehmens

Dass er mit 24 Jahren einen Handwerksbetrieb mit 16 Mitarbeitern leiten wird, hätte sich Tim Strecker nicht träumen lassen. Vater Hubert hat die technische Leitung des 1980 in Hannover gegründeten Familienbetriebs Elektro Strecker schon vor ein paar Jahren in die Hände eines erfahrenen Meisters gegeben, um sich langsam aus dem Geschäft zurückzuziehen. Doch dann erleidet dieser Mitarbeiter einen Burnout und kündigt. Und so rückt Tim Strecker, der selbst seit Kurzem den Meisterbrief in der Tasche hat, 2015 von einem auf den anderen Tag an die Spitze des Unternehmens.

„Projekte kalkulieren, Kunden akquirieren, Finanzierungen klarmachen – das war alles Neuland für mich“, erinnert sich Strecker an die Anfangszeit. In einem Fortbildungsangebot der Handwerkskammer Hannover hat sich der Elektromeister zwar mit den wichtigsten Zusammenhängen der Betriebswirtschaft vertraut gemacht. Aber Theorie und Praxis sind dann doch zwei unterschiedliche Dinge.

Ein Netzwerk in der Region

Aus seiner mangelnden Erfahrung macht Strecker junior keinen Hehl, als er sich damals zum ersten Mal mit seinem Firmenkundenberater der Sparkasse Hannover trifft. Statt um Finanzierungen oder Versicherungen geht es erst einmal um grundsätzliche Fragen der Unternehmensführung. „Die Sparkasse hat mich damals mit der Wirtschaftsförderung in der Region Hannover zusammengebracht“, sagt Strecker. „Das war das Beste, was mir passieren konnte.“ Der neue Geschäftsführer besucht Seminare und Workshops, vernetzt sich mit anderen Firmenchefs und trifft zudem auf einen Unternehmensberater, der ihm bis heute zur Seite steht.

Tim Strecker (li.) und sein Vater Hubert (re.), Geschäftsführer der Elektro Strecker GmbH in Seelze, holen sich Impulse bei Niklas Bibber, Firmenkundenberater der Sparkasse Hanover

Auch die Sparkasse Hannover bleibt ein wichtiger Sparringspartner für den Jungunternehmer, der in diesem Frühjahr seinen 30. Geburtstag gefeiert hat. „Ich will den Betrieb verändern. Da ist es hilfreich, wenn man sich mit jemandem austauschen kann“, sagt Strecker. Selbst wenn es um scheinbare Kleinigkeiten geht. So weicht das formelle Sie, das bis dahin zwischen Chef und Mitarbeiter herrschte, einem kollegialen Du. Das Betriebsklima verbessert sich zusehends – was der Senior anerkennt: „Tim packt das halt anders an als ich.“

 

Die Firma produziert auf dem Dach ihres Bürogebäudes Solarstrom für den eigenen Gebrauch.

„Es gibt nur einen Steuermann.“

Hubert Strecker, 71, kommt noch täglich in den mittlerweile in Seelze ansässigen Betrieb und springt ein, „wenn mal eine kleine Verteilung zu bauen ist“. Im Geschäftsführerbüro an der Albert-Einstein-Straße hängt die Urkunde zum 40-jährigen Meisterjubiläum des Vaters neben dem Meisterbrief des Juniors. Seinen Schreibtisch hat Hubert Strecker jedoch längst geräumt und lässt Tim Strecker alleine walten: „Es gibt nur einen Steuermann, und das ist mein Sohn.“

Der justiert nach dem Einstieg im Betrieb einiges um: Er akquiriert weitere Kunden, um sich von großen Auftraggebern unabhängig zu machen. Neben Altbausanierungen, Industrieanlagen und Kundendienst erschließt er sich Neubauten als zusätzlichen Geschäftszweig. Auch die Installation und Wartung von Photovoltaik-Anlagen kommt hinzu. Dass den Geschäftspartnern bei den Vertragsverhandlungen damals ein Mittzwanziger gegenübersitzt, erweist sich für Strecker nicht als Nachteil: „Die Kunden haben erkannt, dass ich Drive habe und meine Sache gut mache.“

Nicht alles läuft reibungslos: Der Umbau des Bürogebäudes wird deutlich teurer als erwartet und macht eine Nachfinanzierung bei der Sparkasse nötig. Und manche Auftraggeber zahlen schleppend, was die Liquidität strapaziert. Statt Mahnungen zu schreiben, hat sich Tim Strecker angewöhnt, die säumigen Kunden zu besuchen und freundlich zu fragen, woran es liegt. „Den Tipp hat mir mein Sparkassenberater gegeben“, sagt Strecker, „und tatsächlich finden wir so oft eine Lösung.“

 

Neue Mitarbeiter gesucht

Sechs Jahre nach der Übernahme ist Elektro Strecker auf einem guten Weg. 20 Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen, darunter sechs Auszubildende. Tim Strecker ist in der Elektro-Innung Hannover für den Nachwuchs zuständig. Gerne würde er weitere Mitarbeiter einstellen, was zurzeit aber gar nicht so leicht sei. Mit Niklas Bibber, der ihn bei der Sparkasse Hannover seit Anfang dieses Jahres betreut, hat er bereits besprochen, ob eine betriebliche Altersvorsorge das Unternehmen für Fachkräfte attraktiver machen könnte.

Noch sind Vater und Sohn Strecker gemeinsam Geschäftsführer. Doch in den kommenden Monaten will sich Hubert Strecker auch formell aus dem Unternehmen zurückziehen – mit einem guten Gefühl, wie er sagt: „Tim macht seine Sache großartig.“

 


Quick-Check

Wie eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge gelingt

  • Schrittweise Übergabe: Die alte Führung sollte Projekte und Kontakte nach und nach an den Nachfolger oder die Nachfolgerin übertragen. Wird dieser Prozess frühzeitig eingeleitet, schafft das Sicherheit für Arbeitnehmer, Kunden und die Bank.
  • Gute Planung: Eine Ausbildung in Theorie und Praxis sowie Einblicke in andere Unternehmen bereiten Nachfolger gut auf ihre verantwortungsvolle Aufgabe vor.
  • Rücken stärken: Der alte Chef sollte Mitarbeitern und Kunden seinen Nachfolger als solchen vorstellen. Die Botschaft muss klar sein: Der oder die Neue trifft künftig die Entscheidungen im Unternehmen
  • Netzwerk knüpfen: Der Austausch mit anderen Unternehmern hilft Nachfolgern, Orientierung fürs eigene Handeln zu finden. Gute Anlaufstellen sind die Wirtschaftsförderung in der Region Hannover oder das Center Nachfolge und Gründung der Sparkasse Hannover.
  • Klare Trennung: Ist die Übergabe vollzogen, sollte sich die alte Generation zurückhalten. Hilfe ist erwünscht, aber kein Reinreden in geschäftliche Belange.

 

Text: Christian Baulig
Fotos: Helge Krückeberg

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