Eine für alle

Kategorie: Best Practice

Eine für alle

Im neuen Logistikcenter des Elektronikfachhändlers expert findet die Ware fast von allein den Weg ins Lager und wieder heraus. Die Finanzierung von Halle und Technik ist für das Unternehmen aus Langenhagen ebenso einfach. Obwohl Kredite mehrerer Institute kombiniert werden, gibt es nur einen einzigen Ansprechpartner: die Sparkasse Hannover.

Unzählige graue Kunststoffboxen mit expert-Logo rattern hintereinander weg über das weitverzweigte System aus Transportrollen. Gerd-Christian Hesses Blick folgt den Behältern, die in eine Rechtskurve einbiegen und dann über ein Förderband abtauchen ins Stockwerk darunter. Nebenan sausen Schlitten zwischen 15 Meter hohen Regalen hin und her, setzen einzelne Kisten in Stellplätzen ab und verschwinden wieder in der Tiefe der Anlage. „Wie eine große elektrische Eisenbahn!“, sagt der Finanzvorstand von expert schmunzelnd und setzt den Rundgang durch das neue „Fulfillment Center“ des Handelsunternehmens fort. Vor wenigen Tagen hat der Testbetrieb in der 12.500 Quadratmeter großen Lager- und Kommissionierungshalle begonnen, im Frühjahr ziehen Handys und Laptops, Kopfhörer und Konsolen, Elektrozahnbürsten, Kameras und viele weitere Produkte nach und nach aus den alten Gebäuden nebenan um in den Neubau.

v.l.n.r.: Susanne Gebauer (Sparkasse Hannover), Gerd-Christian Hesse (Finanzvorstand expert), Daniela Schreckling (Abteilungsleiterin Finanzen expert), Jan Bauermeister (Sparkasse Hannover).

Vom Hauptquartier in Langenhagen aus werden deutschlandweit rund 200 Elektronik-Fachhändler an über 400 Standorten beliefert, die unter dem Namen expert firmieren. Die Händler sind selbstständig, können aber Marketing und Einkauf, Vertrieb und Logistik gebündelt über die Zentrale in Anspruch nehmen. Seit Gründung vor knapp 60 Jahren ist die Gemeinschaft kontinuierlich gewachsen. Im Geschäftsjahr 2020/21 erzielte expert mehr als 2,2 Mrd. Euro Innenumsatz.

35.000 Auftragspositionen pro Tag

Täglich werden in Langenhagen im Schnitt rund 35.000 Auftragspositionen umgeschlagen. Darunter verstehen Logistiker die Menge eines bestimmten Artikels, die ein Kunde bestellt hat. Noch passiert das in zehn Hallen hinter dem Verwaltungsgebäude, die über die Jahre hinweg immer wieder erweitert wurden. Um die Ware vom Lkw in die Regale und später auf den Weg in die Läden oder zu den Kunden, die online bestellt haben, zu bringen, müssen die Mitarbeiter lange Strecken zurücklegen. „Diesen Zustand wollten wir ändern, zumal in den kommenden Jahren hohe Ausgaben für zusätzlichen Brandschutz auf uns zugekommen wären“, sagt Hesse.

2018 fiel daher die Entscheidung, eine komplett neue Halle auf einem frei gewordenen Nachbargrundstück zu bauen – mit innovativer Lager- und Transporttechnik, die auch die erwarteten Zuwächse in den kommenden Jahren bewältigt. Im vorderen Bereich, dem sogenannten Funktionsvorbau, liefern Lastzüge künftig ihre Ladung ab. Größere Produkte wie beispielsweise Tablet-Rechner werden auf Paletten per Gabelstapler teilautomatisiert auf einen der 5000 Stellplätze im sogenannten Schmalganglager verfrachtet. Die übrigen Produkte wandern in die grauen Warenbehälter, die dann autonom ins „Shuttlelager“ fahren. Löst ein Händler eine Bestellung aus, sausen die Kisten über die Transportwege zur sogenannten Pickstation im Obergeschoss, wo ein gutes Dutzend Mitarbeiter in zwei Schichten die Artikel auf grüne Auslieferungsboxen verteilen. „Wir haben das bisherige Prinzip ,Mann-zu-Ware‘ umgekehrt in ,Ware-zu-Mann‘“, erklärt Hesse. Ein ausgeklügeltes System aus Scannern, Kameras und Anzeigen hilft sicherzustellen, dass die Mitarbeiter wirklich die Produkte umpacken, die angefordert wurden. Danach werden die grünen Kisten in Lkws verladen, und die grauen flitzen wieder zurück ins Lager. In einem separaten Bereich werden Lieferungen an Online-Käufer in Versandkartons verpackt.

Mehrere Kredite – ein Ansprechpartner

Mehr als 50 Millionen Euro hat der Elektronikfachhändler in Gebäude und Technik investiert. „Das ist die weitaus größte Investition von expert, seit ich vor 20 Jahren angefangen habe“, erzählt Hesse. Ein kleiner Teil der Summe stammt von den Gesellschaftern, rund 46 Mio. Euro stellt die Sparkasse Hannover bereit – im Konsortium mit der NordLB und der Deutschen Hypothekenbank, die zum Sommer mit der NordLB verschmolzen wurde. Der Kredit ist aufgeteilt in mehrere Tranchen mit unterschiedlichen Laufzeiten und Verwendungszwecken.

„Uns war wichtig, die Finanzierung aus einer Hand zu bekommen“, sagt Daniela Schreckling, die die Finanzabteilung bei expert leitet. Statt mit einer Vielzahl von Fachleuten aus unterschiedlichen Banken tauschen sich Hesse und Schreckling ausschließlich mit Susanne Gebauer und Jan Bauermeister aus. Die Unternehmenskundenberaterin und der Spezialist aus der Abteilung Corporate Finance der Sparkasse Hannover haben zu Beginn des Projekts alle Fragen mit dem Kunden geklärt, die Finanzierung strukturiert und anschließend mit den Experten im eigenen Haus ein Kreditpaket gestaltet, für das aufgrund des hohen Finanzierungsvolumens Konsortialpartner gesucht wurden. „Als Konsortialführer sind wir der alleinige Ansprechpartner für expert“, sagt Susanne Gebauer. „So reduzieren wir den Zeit- und Informationsaufwand des Kunden und können Finanzierungssicherheit gewährleisten.“

Da das Unternehmen seine Halle nach neuesten energetischen Standards errichtet und zusätzlich eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach gesetzt hat, die fast den kompletten Strombedarf des Gebäudes deckt, qualifizierte es sich für Förderkredite der KfW-Bank, die das Sparkassen-Team in die Konsortialfinanzierung integriert hat.

Wachsen mit den Kunden

Für die Sparkasse Hannover ist es bei größeren Krediten üblich, dass sie sich mit anderen öffentlich-rechtlichen Instituten zusammentut. „Wir haben ein enges Netzwerk mit Landesbanken und anderen Sparkassen und Landesbanken aufgebaut, das uns ermöglicht, den wachsenden Kapitalbedarf unserer Kunden zu decken“, sagt Jan Bauermeister.

Die Kredite für das neue expert Fulfillment Center laufen über zehn und 15 Jahre. Finanzierungsvolumen und -dauer sieht Finanzvorstand Hesse jedoch gelassen: „Beim derzeitigen Zinsniveau war das genau die richtige Entscheidung.“ Zumal ein weiterer Großkredit bald aus den Büchern verschwunden sein wird. Die letzte Rate für die Finanzierung der 2014 bezogenen Firmenzentrale wird demnächst fällig. Darlehensgeber ist – die Sparkasse Hannover.


Das expert-Logistikzentrum in Zahlen

Länge: 135 Meter
Breite: 100 Meter
Höhe: 17,40 Meter
Logistikfläche: 12.500 Quadratmeter
Operativ im Betrieb tätig: 79 Mitarbeitende
Zahl der Shuttleroboter: 120 Roboter
Kapazität des Shuttlelagers: 50.000 Behälter
Kapazität des Palettenlagers: 5.000 Europapaletten
Bauzeit: ca. zwei Jahre
Verbauter Beton: 3.500 Kubikmeter
Länge der verlegten Kabel: ca. 62 Kilometer
Größe der Photovoltaikanlage: 2.500 Quadratmeter
Leistung der Anlage: 486 kWp

Text: Christian Baulig
Fotos: Helge Krückeberg

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