Alles unter einem Dach

Kategorie: Best Practice

Die Geschäftsführer der Firma Holzapfel, Phil und Andreas Klebe, mit Frank Skaradzinski von der Sparkasse Hannover (v. l.)

Über viele Jahre mussten die Mitarbeiter der Dachdeckerei Holzapfel pendeln zwischen Büro, Lager und Werkstatt. Jetzt hat das Unternehmen mit Unterstützung der Sparkasse Hannover die Betriebsteile an einem Standort zusammengelegt – und seine Kosten erheblich reduziert.

 

Schon beim ersten Blick ins Lager sticht die Ordnung ins Auge, die hier herrscht: Alles hat seinen Platz in den riesigen Regalen: Fallrohre, Folien, Leisten, Dachpfannen, Werkzeuge. Über eine Treppe gelangt man auf eine Art Empore, wo Kleinteile wie Schrauben und Nägel übersichtlich in Schubladen aufbewahrt werden.

Mehr Übersichtlichkeit war eines der Ziele, die Andreas Klebe (64) und sein Sohn Phil (35) vor Augen hatten, als sie vor zwei Jahren eine wichtige Entscheidung trafen. Das traditionsreiche Dachdeckerunternehmen Holzapfel, das sie gemeinsam in dritter und vierter Generation leiten, sollte einen neuen Firmensitz erhalten. Unterstützt von der Sparkasse Hannover bauten sie ein modernes Gebäude für Lager, Werkstatt und Büros im Gewerbegebiet Anderten – gerade einmal zwei Kilometer von dem Ort entfernt, an dem die Firmengeschichte einst begann. In der Hohen Straße, die heute Torgarten heißt, hatte Wilhelm Holzapfel 1927 sein Unternehmen gegründet. Weil der einzige Sohn der Familie nicht aus dem Krieg zurückkehrte, übernahm später die jüngste Tochter Marianne, verheiratete Klebe, Andreas‘ Mutter und Phils Großmutter, das Unternehmen.



Best practice – 3 Tipps für eine gelungene Standorterweiterung


1. Den Status quo infrage stellen
Wer aufgrund von Standortfaktoren Unzulänglichkeiten in den betrieblichen Abläufen feststellt, sollte sich nicht damit abfinden, sondern genau kalkulieren: Was kosten mich diese Nachteile mehrerer Standorte? Was würde mich die Zusammenlegung kosten? Auf dieser Grundlage wird eine Entscheidung getroffen.

2. Das passende Grundstück beizeiten sichern
Selbst wenn man nicht sofort baut, weil zum Beispiel die Baupreise momentan extrem hoch sind, sollte man das passende Grundstück gleich dann kaufen, wenn es verfügbar ist. Denn die Bodenpreise werden in den kommenden Jahren absehbar steigen, und dann kommt eine solche Gelegenheit vielleicht nicht wieder.

3. Frühzeitig den Finanzierer miteinbeziehen
Eine Kreditzusage wird leichter erteilt, wenn das Geldinstitut die Überlegungen und Kalkulationen hinter dem Projekt gut kennt und beim Sparring um die beste Lösung miteinbezogen war. Außerdem muss man sich dann nicht mit Standardlösungen bei der Baufinanzierung zufrieden geben.


 

Viel Fahrerei und hohe Kosten

Heute beschäftigt die Holzapfel GmbH gut 50 Menschen und setzt jährlich rund 6 Millionen Euro um. Als der Dachdeckerbetrieb zu wachsen begann, entschloss sich Marianne Klebe 1975 dazu, Lager und Werkstatt auszulagern. Bis zum Umzug im März 2021 befand sich beides in Sehnde und damit gut 20 Autominuten vom Büro in Anderten entfernt – was die Abläufe kompliziert machte: „Die Angestellten sind morgens zunächst ins Büro gekommen, wo sie ihre Einweisung erhielten und wo auch ihre Spinde waren“, erzählt Andreas Klebe. „Dann sind sie nach Sehnde gefahren, um das für den Tag benötigte Material und Werkzeug zu verladen. Dieses haben sie anschließend zur Baustelle transportiert, die sich häufig wieder in Hannover befand.“

Manche Mitarbeiter machten diese Tour mehrmals täglich. So wurde viel Zeit vergeudet, die Kosten für die Betriebsfahrzeuge machten sich immer deutlicher bemerkbar. Die komplizierte Logistik und ihre Folgen spielten auch in den regelmäßigen Gesprächen der Klebes mit der Sparkasse Hannover, dem langjährigen Hausinstitut der Firma Holzapfel, immer wieder eine Rolle. „Wir haben uns intensiv darüber ausgetauscht, welche Synergieeffekte möglich wären“, sagt Frank Skaradzinski aus dem FirmenkundenCenter Mittelstand der Sparkasse Hannover. Am Ende entschieden sich Andreas Klebe und sein Sohn für einen Neubau, der alle Firmenteile an einem Standort vereinen sollte.

Sechsstellige Ersparnis

Wie hoch das Einsparungspotenzial allein durch den Wegfall der zusätzlichen Fahrten ist, hat Phil Klebe im Rahmen eines Businessplans ausgerechnet: gut 110.000 Euro pro Jahr. Hinzu kommen weitere Vorteile, die sich aus der unmittelbaren Nähe von Lager und Büro ergeben: Die Bestände lassen sich leichter kontrollieren, kurzfristige Lieferungen sind einfacher zu organisieren. „Außerdem kommt es nicht mehr vor, dass Material irgendwo unsachgemäß abgelegt wird“, sagt Andreas Klebe. Schließlich hat die Geschäftsleitung jetzt immer ein Auge auf den gesamten Firmengrund.

Knapp zwei Millionen Euro hat Andreas Klebe in den Neubau gesteckt, den er nun an das eigene Unternehmen vermietet: eine geräumige, silbergrau verkleidete Halle fürs Material und einen angrenzenden weiß verputzten Flachbau für die Büros. Ein Teil der Summe wurde von der Sparkasse Hannover finanziert. „Die Kreditentscheidung fiel leicht, da wir schon so früh in die Planungen mit eingebunden waren“, sagt Mittelstandsexperte Skaradzinski, der die Firma Holzapfel seit fünf Jahren betreut.

Solarenergie vom Firmendach

Für die Suche nach einem geeigneten Standort haben sich die Klebes Zeit gelassen. Der Seniorchef wollte unbedingt in Anderten bleiben, weil er dort geboren und aufgewachsen ist. Außerdem war ihm eine gute Anbindung ans Autobahnnetz wichtig, damit die Kunden in und um Hannover möglichst gut erreicht werden können. Fündig wurden die Firmeninhaber schließlich mithilfe der Wirtschaftsförderung, die sie auf das neu entstehende Gewerbegebiet im Stadtteil aufmerksam machte.

Auf den von der Stadt Hannover erworbenen 5.000 Quadratmetern befindet sich nun alles unter einem von Holzapfel selbst errichteten Flachdach, das mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet wurde. „Die kann nicht nur Strom erzeugen, sondern ihn auch speichern“, erzählt Phil Klebe. „Im Sommer läuft unsere Stromversorgung fast autark.“

Lager und Werkstatt am neuen Standort sind in etwa so groß wie die Vorgänger in Sehnde. Der Regalplatz wird nun jedoch effizienter genutzt, nicht zuletzt wegen der geringeren Bestände. Die Bürofläche wiederum hat sich mehr als verdreifacht – denn Holzapfel will weiterhin wachsen. In der Vergangenheit scheiterte der Wunsch, einen weiteren Dachdeckermeister aus den eigenen Reihen in die Büroarbeit einzubinden, am Platzmangel. Nun gibt es mit 360 Quadratmetern Bürofläche genügend Raum.

Auch die dank der neuen räumlichen Nähe gewonnene Zeitersparnis kommt dem Unternehmen mehr als gelegen: Die Baubranche erlebt gerade einen riesigen Boom, die Auftragsbücher der Gewerke sind voll – auch die der Dachdecker. Jede Minute mehr auf den Baustellen ist da bares Geld wert.

Text: Juliane Moghimi
Fotos: Helge Krückeberg

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