Gemeinsam bauen wir die Stadt von morgen

Gemeinsam bauen wir die Stadt von morgen

Wege zu einer nachhaltigen Bau- und Immobilienwirtschaft – Interview mit Matthias Krieger und Matthias Schäpers von Krieger + Schramm GmbH & Co. KG

Sie haben unseren Livestream zur Veranstaltung vom 25.03.2022 verpasst – wir haben in hier für Sie aufgezeichnet.

Noch deutlicher als die Finanzkrise hat die Corona-Pandemie gezeigt, wie schockanfällig unsere Gesellschaft in allen Bereichen ist: Lieferengpässe, Preisexplosionen bei Rohstoffen und mehr. Sind diese Umstände jetzt die zentralen Impulse, um gerade in der ressourcenintensiven Bauwirtschaft einen Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit zu schaffen?

Mathias Schäpers

„Wir stellen erst durch Krisen fest, welche Chancen wir haben.“
(Matthias Schäpers, Leiter Nachhaltigkeit und wohngesundes Bauen bei Krieger + Schramm)

Ein Beleg/Indiz dafür ist laut Schäpers der sogenannte „Erdüberlastungstag“ – immer in Krisen wie Ölkrise, Finanzkrise und jetzt auch Coronakrise bessern sich die Werte und die Menschen denken um. Für den einzelnen Menschen sind es in der Regel Umbrüche im Leben, in denen die Bereitschaft besonders hoch ist, sein Verhalten zu ändern.

„Die Krise pusht auf jeden Fall! Corona zeigt uns den Wert unserer Ressourcen. Alles ist abhängig von unserem Handeln!
(Matthias Krieger, Geschäftsführender Gesellschafter Krieger + Schramm)

Corona hat gezeigt, es gibt auch Material, das bereits da ist: „Urban Mining“ – „Bergbau in der Stadt“. Es bedeutet, dass dort Rohstoffe gesichert und geborgen werden, wo sie bisher vor allem im Müll landen – überall dort, wo wir leben. Unsere Häuser, Fahrzeuge, Stromleitungen und alles, was wir zum täglichen Leben verwenden, besteht aus Rohstoffen, die wir der Natur entnommen und zum Beispiel zu Beton, Glas, Stahl verarbeitet haben. Sind die Häuser und Gebrauchsgegenstände alt oder defekt, landet ein Großteil von ihnen auf dem Müll. Um sie neu bauen oder ersetzen zu können, werden bisher immer weitere Rohstoffe aus der Natur geholt. Dabei kann man sie auch in den Städten finden. So werden die Städte zu Rohstoffminen.

Matthias Krieger

Wie wichtig ist für unternehmerisch nachhaltiges Handeln die neue EU-Taxonomie als Anreiz?

„Ich bevorzuge eher Gebote und Anreize statt Verbote!“ (Matthias Krieger)
EU-Taxonomie ist nur deshalb entstanden, weil Gebote oft nur bis zu einem bestimmten Punkt funktionieren – aber für Krieger nicht Mittel der ersten Wahl. Freiwillig hat es die Wirtschaft bisher leider nicht geschafft – viele leere Versprechen („Green Washing“), deshalb hat das Unternehmen den Leiter Nachhaltigkeit (der übrigens Architekt ist und viele Jahre in einem Unternehmen rund um erneuerbare Energien gearbeitet hat).

 

Was verstehen Sie unter nachhaltigem Bauen und wie setzt Ihr Unternehmen das um?

Nachhaltig bauen, heißt Ausgewogenheit im Spannungsfeld von Ökologie, Ökonomie und sozialer Verantwortung.
22,5 Mängel hat ein Bau durchschnittlich bei Übergabe in Deutschland. Bei Krieger + Schramm sind es fünf Mängel – immer noch zu viel, daran arbeiten wir.
Und Gesundheit ist ein Mega-Blockbuster beim Thema Nachhaltigkeit. (Matthias Krieger)

Kreislaufbasiertes Bauen – wo steht Ihr Unternehmen in diesem Punkt, können Sie uns das vielleicht an einem Beispiel erläutern?

„Die Bau- und Immobilienwirtschaft steht beim kreislaufbasierten Bauen noch ganz am Anfang.“ (Matthias Schäpers)

Bei Krieger + Schramm sind bereits zwei zentrale Instrumente im Einsatz:

  1. Die BIM-Methode – Der Einsatz der digitalen Methode „Building Information Modeling“ in der Planung und im Bau von zukunftsgerechten Gebäuden ermöglicht eine frühzeitige und damit optimierte Betrachtung von Nachhaltigkeitskriterien im gesamten Lebenszyklus. Über den „digitalen Zwilling“ lassen sich alle Parameter betrachten bis zum end of use. Es gibt einen sogenannten Materialpass, auch für spätere Nachnutzung.
  2. Richtig planen mit der EKS, der engpasskonzentrierten Strategie: Es werden mit Beginn alle Parameter betrachtet wie etwa auch die Mobilität in einem Quartier oder die Klimaziele der entsprechenden Stadt. Gespräche mit allen Beteiligten zur Definition der Zielgruppe: Welche Probleme haben die? Darauf werden dann die passenden Antworten gesucht. Völlig neue Ausrichtung im Vergleich zur Betriebswirtschaftslehre, denn dort gilt Gewinnmaximierung. Die EKS hat als oberste Priorität die Optimierung immaterieller Faktoren, vor allem Lernprozesse: „Überzeugende Problemlösungen und Innovationen schaffen. Gute Kooperationspartner erkennen und in Projekte einbinden.“

Ein innerstädtisches Projekt in Kassel von Krieger + Schramm ist hier ein gutes Beispiel. In der Grundlagenermittlung werden auch die Interessen der Nachbarschaft und Kommune betrachtet: Was ist für sie die beste Lösung? Kassel hat sich bereits auf das Klimaziel 2030 verständigt – hier wird versucht, Verbindungen zu schaffen für die verschiedenen Zielsetzungen. Und das bereits in der Planungsphase des Bauprojekts. Praktisch kann das bedeuten: Vielleicht gibt es attraktivere Alternativen als den Boden mit Stellplätzen zu versiegeln, z.B. den Bewohnern viele Arten von Mobilität anzubieten.

Was sind die nächsten Schritte, die Ihr Unternehmen in Richtung Klimaschutz umsetzt oder anvisiert?

Krieger + Schramm hat eine Steakholder-Befragung zum Thema durchgeführt. Ganz oben auf der Agenda steht die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie: Fragen wie „Was hat das Bauen für Auswirkungen?“. So errechnet das Unternehmen, wie viel Fläche es pro Jahr durch Bautätigkeit versiegelt und genau das Pendant dazu wird in Kooperation mit dem Hessen-Forst wieder aufgeforstet.

Interview: Cornelia-Mercedes Bödecker
Fotos: Krieger + Schramm GmbH, hannoverimpuls GmbH

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